Christian Rattemeyer

Aber die grundsätzliche Einstellung, dass Kunst und besonders künstlerische Produktion heutzutage in einem weiten Masse seine eigenen theoretischen Grundlagen mitbedenken muss, und dass sie diese in irgendeiner Form Teil der Arbeit werden lassen muss, bestimmt mein Handeln. Insofern gilt dies ebenso für meine Tätigkeit als Kritiker und Akademiker. Zu einem weiten Teil ist meine akademische Tätigkeit davon bestimmt, dass ich als aktiver Teilnehmer in kultureller Produktion, sei es als Ausstellungsmacher, Filmfestivalorganisator, Ausstellungstechniker oder Kritiker, mitgewirkt habe, und somit mich nicht von den jeweiligen parochialen, freundsachftlichen oder sonstigen Bindungen befreien kann. Diese Idee der Objektivität ist vielmehr illusorisch.

Eine Befragung meiner eigenen Eingebundenheit, als Akteur der Theorie, oder nachgeschalteten Beurteilung also, steht dauernd zur Disposition. Diese Befragung zu veröffentlichen, bin ich gerne bereit.

 
 

 

Meine theoretische Eingebundenheit hat also weniger damit zu tun, zu klären welche theoretischen Modelle für Künstler heutzutage interessant sind, ob Künstler mehr von Spivak oder Derrida, Heidegger oder Bataille, Krauss, oder Robert Morris, oder Konrad Fiedler lernen, sondern eher wie Theorie als Werkzeug der Debatte über Kunst eingesetzt werden kann, muss, und wann dieser Einsatz nicht mehr in der Lage ist, den Gegenstand zu fassen, sondern den Gegenstand (das Objekt, Photo, Bild, oder Statement des Künstlers) nur noch als Illustration in einem groesseeren theoretischen Konstrukt zu erfassen vermag.

Frage: ist jede Interpretation gut, wenn sie interessant ist (so wie Judd sagte, dass Skultptur nur noch interessant sein müsse, und nicht mehr
"gut" im Greenberg'schen, qualitativen und moralischen Sinne der Wahrheit), oder gibt es theoretische Grenzen über Objekte zu sprechen, wenn diese nach anderen Kriterien zu funktionieren trachten.

Also die Frage: gibt es eine (oder viele) Theorie(n) von Kunst, oder nur Theorien über Kunst, und in wieweit sind externe Theorien zu einem neuen Inhalt, zum Subjekt, zur Erzählung von Kunst geworden? Gibt es neue Theorien der Form, oder sind Theorien zum Inhalt geworden?